März 2008
Ein Schreinermeister erklärt, was ein Roboter können muss
Bei Reis Robotics entsteht ein Roboter, der in einer Schreinerei arbeiten soll. Erste kleine Aufgaben hat er schon erledigt. Die Denkweise und Ausdrucksformen der Menschen zu verstehen bringen die Entwicklungsingenieure ihm gerade bei.
Foto: Reis
„Im Moment verstehen wir uns noch nicht“, lacht der Schreinermeister Josef Som seinen Roboter an. „Aber ich hoffe, dass er sich bald an mich gewöhnt hat.“ Die Rede ist von einem Roboter aus dem Hause Reis Robotics, der seit drei Jahren im Rahmen des EU-Projektes SMErobot für die Vier-Mann-Schreinerwerkstatt in Michelstadt im Odenwald fit gemacht wird. „Die Hardware ist ein Standardmodell von Reis Robotics, aber die Software und die Werkzeugaufnahme werden für meine Bedürfnisse angepasst“, erklärt Josef Som.
Ursprung war die Überlegung bei Reis, ob ein Roboter in einem Kleinbetrieb sinnvoll ist. „Unser Glück war“, sagt Softwareentwicklungsleiter Franz Som, „dass ich aus einem Schreinereibetrieb stamme, den mein Bruder heute leitet.“ Mit Josef Som konzipiert das Unternehmen nun den Roboter für die Holzbearbeitung. Die Schreinerei Som fertigt vor allem individuelle Inneneinrichtungen. Gemeinsam planen die beiden Brüder jeden Arbeitsschritt, den der Roboter beherrschen muss, und die Experten bei Reis setzen das in die Robotersprache um.
Ingenieure entwickeln intuitive und einfache Eingabemöglichkeiten
Den ersten Praxistest hat der Roboter schon bestanden. „Nach einer kurzen Anlernphase hat der Roboter mehrere Nuten exakt in gleichem Abstand und gleicher Tiefe in ein Brett gefräst“, erzählt Josef Som. „Er hat seine Aufgabe richtig gut gemacht.“ Vor kurzem hätte der Schreiner schon wieder eine Aufgabe für ihn gehabt: Tischplatten zu fräsen. „Aber leider kann ich ihm mein Anliegen noch nicht mitteilen“, bedauert der Schreiner.
Für die Entwickler bei Reis Robotics liegen die Schwierigkeiten genau in diesem Bereich. „Industrieanwender, für die wir bisher Roboter bauten, sind in der Lage, Roboterprogramme zu erstellen“, sagt Franz Som. „Handwerkliche Anwender hingegen wollen dem Roboter unmittelbar mitteilen, was er tun soll, ohne auch nur eine Programmzeile schreiben zu müssen.“ Dafür entwickeln die Ingenieure jetzt intuitive und einfache Eingabemöglichkeiten. „Das kann ein Touchscreen sein, eine Spracheingabe, eine sechsdimensionale Maus zur Roboterführung oder eine automatische Erkennung von Handskizzen“ erklärt Franz Som.
Die Ingenieure sind auf die Mitarbeit der Anwender angewiesen, wenn ein einsetzbarer Roboter entstehen soll. „Mein Bruder ist in diesem Projekt der Einzige, mit dem wir zusammenarbeiten“, sagt Franz Som, „aber die entwickelten Bedienkonzepte lassen sich auch auf andere kleine Unternehmen übertragen, ja selbst große Industriebetriebe profitieren mittlerweile von den neuen werkstattgerechten Eingabemöglichkeiten.“
Josef Som hat keine Zweifel, dass er immer wieder Arbeit für einen Roboter haben wird. „Eine ganz große Anlage für eine Serienproduktion lohnt sich für mich nicht, aber ein kleiner Universal-Roboter, der schleifen, bohren, lackieren, fräsen und hobeln kann, ist auf jeden Fall sinnvoll.“
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